Hans-Peter Storz: „Diese Landesregierung ist drauf und dran, ihre Klimaziele deutlich zu verfehlen“
„So viel Selbstkritik ist in der Landespolitik selten“, bemerkt der verkehrspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion Hans-Peter Storz: „Mit der neuen Landesinitiative Elektromobilität IV gibt die Landesregierung nun auch selbst zu, dass sie auf dem besten Wege ist, ihre eigenen Klimaziele bis 2030 deutlich zu verfehlen. Minister Hermann beklagt, dass die Zahl der zugelassenen Elektrofahrzeuge (Autos, Busse, Nutzfahrzeuge) bisher weit hinter dem Notwendigen zurückbleiben. Damit gibt die Regierung indirekt auch ihren Fehler zu, unsere zahlreichen Anträge auf höhere Förderung für Elektrobusse immer wieder abzulehnen.“
Storz: „Das Programmvolumen der Landesinitiative Elektromobilität hört sich insgesamt stattlich an, doch für jedes Haushaltsjahr bleiben letztlich nicht einmal 60 Millionen Euro. Und angesichts der unklaren Darstellung der Projekte durch die Regierung bleibt unklar, ob Verkehrsminister Hermann dafür überhaupt einen einzigen zusätzlichen Euro vom Finanzminister erhält oder ob nur bestehende Programme neu verpackt werden.“
Konsequenzen vermisst Storz auch nach der vernichtenden Kritik des Landesrechnungshofs an der früheren Initiative Elektromobilität III: „Wir hätten erwartet, dass die Regierung bei der Vorstellung eines Nachfolgeprogramms deutlich erläutert, was sie künftig besser machen wird.
Landesinitiative Elektromobilität IV: Was die Ankündigungen der Landesregierung wirklich wert sind - eine Übersicht mit Hintergrund-Informationen
Zeitraum und Programm-Umfang
Die Landesinitiative Elektromobilität IV bündelt die Aktivitäten der Landesregierung zur weiteren Förderung der Elektromobilität. Es läuft von 2023 bis 2026
Die Mittel werden so auf die einzelnen Ressorts verteilt:
Ressort |
Volumen in Mio € |
in % |
Verkehrsministerium |
121 |
71 |
Wirtschaftsministerium |
18 |
11 |
Umweltministerium |
25 |
15 |
Wissenschaftsministerium |
6 |
4 |
(Angaben in Mio. € - vorgesehene Gesamtbeträge von 2023-2026)-
Zusätzlich stehen für die laufende Landesinitiative E-Mobilität III (LE III) 28 Millionen Euro zur Verfügung. Wie diese Mittel auf die Projekte der LE III verteilt werden, teilte die Landesregierung nicht mit.
Die Landesregierung äußert sich nicht, ob für die Mittel für die Landesinitiative IV bereits Mittel in den Haushalt bzw. in die Finanzplanung eingestellt wurden und ob es überhaupt zu einer Steigerung der bislang zur Verfügung gestellten Mittel kommt.
Elektromobilität bleibt hinter Klimazielen des Landes zurück
Verkehrsminister Hermann stellte bei Vorstellung der Landesinitiative fest, dass der Ausbau der Elektromobilität weit hinter den Klimazielen des Landes zurückbleibt. So müsse die Zahl der elektrisch betriebenen PKW um das 14fache, die Zahl der elektrisch betriebenen Busse und Nutzfahrzeuge sogar um das 17fache gegenüber den bisherigen Zulassungszahlen gesteigert werden, um die Klimaziele im Verkehrssektor zu erreichen.
Element der Landesinitiative IV
1. Projekte des Verkehrsministeriums
Förderung der Ladeinfrastruktur (echarge@bw): Minister Hermann stellte neue Fördermöglichkeiten in Aussicht: So können künftig Wohnungseigentümergemeinscha-ten den Bau von Ladeeinrichtungen bezuschussen lassen. In e-Quartier-Hubs soll Anwohnern eine Park- und Lademöglichkeit geboten werden, um den öffentlichen Raum von PKWs zu entlasten. Angaben zum Fördervolumen oder Programmstart fehlen. Ob Projekte wie „Laternenladen“ künftig gefördert werden können, blieb unerwähnt. Förderziele wie die Zahl neu zu errichtender Ladesäulen nannte der Minister nicht. Allerdings hatte die Landesregierung im laufenden Jahr ihre Ausbauziele für die Ladeinfrastruktur erheblich nach unten reduziert.
Förderung der Fahrzeugflotte: Erwähnt wurden die Bemühungen den Fuhrpark des Landes zu elektrifizieren. Das Verkehrsministerium zählt außerdem Förderprogramme für bestimmte Fahrzeugflotten auf: „Nutzfahrzeuge, Taxen, Fahrzeuge im Carsharing“. In diese Kategorie zählt die Busförderung, die für das laufende Haushaltsjahr von der Landesregierung gekürzt wurde. Minister Hermann hat keine Andeutungen gemacht, ob an eine Änderung oder Ausweitung der Fördermöglichkeiten gedacht wird. Eine Erhöhung der bestehenden Fördermittel wurde ausdrücklich nicht angekündigt.
2. Projekte des Umweltministeriums
Weder in der Presseinformation noch im Bericht über die Kabinettssitzung wurden Programme des Umweltministeriums erwähnt. Dabei fließen immerhin 15 Prozent der Mittel in dieses Ressort.
3. Projekte des Wirtschaftsministerium
Das Wirtschaftsministerium bewirtschaftet elf Prozent der Mittel der Landesinitiative. Sie fließen hauptsächlich in „Leuchturmprojekte“ der wirtschaftsnahen Forschung, von denen hauptsächlich der Mittelstand profitieren soll. Dabei wird der Focus besonders auf die Transformation der Automobilindustrie und ihrer Zulieferer gelegt. Letztere werden insbesondere durch Beratungsleistungen der Landeslotsenstelle Transformation Automobilwirtschaft oder über Beratungsgutscheine unterstützt. Außerdem soll das Zentrum zur digitalisierten Batteriezellenproduktion ausgebaut werden. Mit Au-nahme letztgenannten Projekts exisistieren alle genannten Projekte bereits.
4. Projekte des Wissenschaftsministeirums
Das Ministerium für Wissenschaft und Kunst hat sechs Millionen Euro zur Verfügung. Es finanziert den Innovationscampus Mobilität der Zukunft (ICM), an dem die Universität Stuttgart und das KIT beteiligt sind. Der ICM besteht bereits. Ob Mittelerhöhungen geplant sind, bleibt offen.
5. Finanzministerium
In landeseigenen Gebäuden stehen derzeit 435 Ladestationen zur Verfügung. Außerdem gibt es 374 Lademöglichkeiten auf Landesliegenschaften. Derzeit sind 202 neue Lademöglichkeiten in der Realisierungsphase, 70 weitere sind in Planung. Ausbauziele in Zahlen gibt es nicht.
Landesinitiative Elektromobilität III
Der Landesrechnungshof hat in seiner Denkschrift die einzelnen Programmbestandteile stark kritisiert. Die Programme hatten teilweise hohe Verwaltungskosten, hatten keine Erfolgsziele definiert und wurden teilweise gar nicht nachgefragt. Von einer Evaluierung der LE III unter der Berücksichtung der Kritik des Rechnungshofs war nicht die Rede. Es ist unklar, welche Programmbestandteile aus LE III im Jahr 2023 mit den genannten 28 Millionen Euro finanziert werden. Es ist ebenfalls offen, ob es sich hierbei um eine „Aufstockung“, also um zusätzliche Mittel oder um eine simple Addition be-stehender Haushaltsansätze handelt.
Zusammenfassung
Bei der Landesinitiative Elektromobilität IV handelt es sich um eine Zusammenstellung bestehender Aktivitäten des Landes. Mit Ausnahme angedeuteter neuer Fördertatbe-stände beim Aufbau der Ladeinfrastruktur werden keine konkreten neuen Maßnahmen vorgestellt. Ebenso bleiben Umfang und Ziele der künftigen Landesförderung unklar. Somit gibt es keine Kriterien, an denen der Erfolg der Landesinitiative Elektromobilität IV gemessen werden könnte. Sie leistet somit keinen substanziellen Beitrag zu einem beschleunigten Ausbau der E-Mobilität.
Links
Medieninfo zur Landespressekonferenz 11.7.:
Bericht über die Beratungen im Kabinett 11.7.:
Denkschrift Landesrechnungshof LE III: